Ein kleiner geschichtlicher Rückblick
Autor: Hofrat Dipl.-Ing.Franz Koller
Seit altersher waren die Bewohner Tirols mit dem Schicksal des Waldes eng verbunden.
Im Laufe der Jahrhunderte wurden immer wieder Maßnahmen zum Schutze des Waldes getroffen. Ursprünglich war dafür hauptsächlich die Sorge um die Erhaltung der Jagd maßgebend. Die Nutzung des Waldes erfolgte ursprünglich ebenso wie jene der Weide, Flüsse und Wege durch die Gemeinschaft. Die Gesamtheit aller Dorfgenossen bildete die sogenannte „Nachbarschaft“ oder „Markengenossenschaft“. Das für die gemeinsame Nutzung zur Verfügung stehende Land bezeichnet man als „Mark“, „Gemein“ oder „Allmende“. Die Nutzung der Allmende wurde jährlich in gemeinsamen Tagungen, den sogenannten Ehehafttädigungen, geregelt. Alle „Freien“ und später alle Familienoberhäupter waren zur Teilnahme an diesen Zusammenkünften, verpflichtet. Um die Einhaltung der bei den Ehehafttädigungen festgelegten und in sogenannten Weistümern niedergeschrieben Waldordnungen zu überwachen, wurden von den Nachbarschaften zumeist zwei Rieger gewählt.
Die Stelle der Rieger war ein Ehrenamt. Die Rieger erhielten keinen Lohn und wechselten jährlich. Die Rieger wurden auch später, als die Forsthoheit auf die Landesfürsten übergegangen war, beibehalten und in den verschiedenen Waldordnungen erwähnt. Sie hatten die Holzbezugsmeldungen entgegenzunehmen, das geschlägerte Holz zu zählen und alle Übertretungen der Waldordnung dem Waldmeister oder Richter zu melden. Im 16. Jahrhundert erscheint in den Waldordnungen auch die Bezeichnung „Waldhüter“. In Zwischentoren (Außerfern) waren solche z.B. überall dort zu bestellen, wo viel Wald und verhackte Maißen (=Kahlschläge) vorhanden waren. Diese Instruktion zeigt deutlich, dass die Aufgaben der Rieger beinahe ausschließlich in der Forstaufsicht bestand.
Mit der Gubernial-Verordnung vom 10. Februar 1823 wurde die Instruktion für Waldaufseher erlassen, die dann während 125 Jahren bis 1948 Gültigkeit behielt. Der Waldaufseher hatte die seiner Obhut anvertrauten Wälder nach besten Kräften zu überwachen und auf diese Weise zu sorgen, dass sie in gutem Zustand erhalten werden. Das Fehlen jeglicher fachlichen Aus- und Weiterbildung, die geringe Bezahlung, die in der Regel fehlende Kranken-, Unfall- und Altersversicherung und dergleichen, führten zu einem häufigen Personalwechsel.
Im Jahre 1880 stand in einem Bericht des Landesausschusses, dass die von den Gemeinden angestellten Waldaufseher in der Mehrzahl von der Behandlung und von einer beständigen Bewirtschaftung der Wälder nichts verstanden, dass sie zu Berechnungen des Bestandes und zu Holzabmaßen nicht fähig waren. Bereits damals wurde mehrfach vorgeschlagen, die Waldaufseher durch das Land anzustellen. Letztlich scheiterte dies jedoch immer wieder an der Kostenfrage. Weil die Anforderungen und Fachkenntnisse an den Waldaufseher immer größer wurden, beschloss der Tiroler Landtag in einer Sitzung vom 7.Juli 1880, zur Heranbildung tauglicher Waldaufseher jeweils in den Frühlingsmonaten an den beiden Landwirtschaftlichen Lehranstalten (Rotholz und San Michele) einen wenigstens sechswöchigen Spezialkurs einzurichten.
Der erste Waldaufseher Kurs, der von 21 Teilnehmern besucht war, fand dann in der Zeit vom 21. Februar bis 4. April 1882 an der Landwirtschaftlichen Lehranstalt in Rotholz statt. Der Leiter dieses Kurses war k.u.k. Forstinspektionskommissar Jakob Maresch. Um den damit verbundenen gesteigerten fachlichen Anforderungen gerecht werden zu können, wurde der Waldaufseherkurs bis zur Zwischenkriegszeit auf 16 Wochen verlängert. Alljährliche Fortbildungstagungen, Kurzlehrgänge und Lehrfahrten vermittelten den Waldaufsehern die neuesten Erfahrungen und Kenntnisse auf forstlichem Gebiete.
Dem selben Zweck diente auch das von der Landesforstinspektion seit März 1958 vierteljährlich herausgegebene Mitteilungsblatt „Der Waldaufseher“, das seit Dezember 1977 als „Tiroler Forstdienst“ erscheint.
Mit Verordnung des Landeshauptmannes vom 15. September 1980, LGBI:Nr.43, wurde die Dauer des Waldaufseherkurses auf einen mindestens 20 Wochen umfassenden theoretischen Teil und auf ein mindestens 8 Wochen dauerndes Praktikum verlängert, damit sie auch einen Einblick in den forstlichen Betriebsablauf erhalten und sich ausreichenden Fertigkeiten in den anfallenden forstlichen Arbeiten aneignen können.
Vom Können und Einsatz sowie von der Tüchtigkeit der Waldaufseher werden zu einem großen Teil auch in Zukunft, die Erhaltung des Waldes, die Sicherung seiner Wirkungen und damit zu einem wesentlichen Teil auch das Schicksal unseres Landes abhängen.
Quelle: Festschrift 25 Jahre Absolventenverein der Waldaufseher und Forstwarte Tirols