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Lernen in der Waldwerkstatt statt im Klassenzimmer

in BFI-Osttirol

Über 50 Schülerinnen und Schüler verbringen einen aufregenden Vormittag im Amlacher Wald und lernen an sieben Stationen die Bedeutung von Biodiversität kennen.

„Ich finde es cool, es ist toll organisiert und macht voll Spaß.“ „Fein, dass wir hier sind und selbst was machen können.“ „Es ist mal etwas anderes als im Klassenzimmer.“ Eigentlich würden Justine, Lino und Rafaela gerade in ihren Räumen im Gymnasium Lienz hocken. Stattdessen surren die Akkuschrauber und die drei bauen im Amlacher Wald mit viel Herzblut Nisthilfen für Spechte und Waldkäuze, die später an den Bäumen befestigt werden. „Das ist ein Pilotprojekt, wir wissen gar nicht, ob der Specht eine Nisthilfe annimmt. Der Specht ist eigentlich der einzige Vogel, der selber Höhlen zimmert, die später von Meisen, Fledermäusen, Siebenschläfern oder Hornissen genutzt werden. Der schafft Lebensräume“, erläutert Wolfgang Ressi, Experte für Naturvermittlung beim Umweltbüro Klagenfurt. „Normal bauen sie in kranken, morschen Bäumen, die es hier in der Nähe des Drauradweges aber nicht gibt.“ Ressi betreut eine von sieben Stationen der „Biodiversität-Werkstatt“. Mit dabei: über 50 Schülerinnen und Schüler der fünften Klassen samt ihrer Lehrerinnen. Und wenn der Specht die Nisthilfe ablehnt? „Egal, irgendjemand wird schon einziehen“, lacht Ressi.

Pferderücker beeindrucken

Auch an den anderen Stationen kommen Spaß und Begeisterung nicht zu kurz. Besonders beeindruckend für die Jugendlichen ist das Rücken geschlägerter Bäume mittels zweier Pferde. Ressi: „Normal arbeiten wir mehr mit Erwachsenen, aber ich finde es klasse, den Vormittag mit den Jugendlichen zu verbringen. Cool ist, dass wir hier vom Reden ins Tun kommen. Wenn man etwa die Pferderücker sieht, ist das für die Schüler schon gewaltig.“ Neben Nisthilfen und Pferderücken widmen sich die Stationen noch weiteren Themen. So erklärt Lisa Bischofer von der Landesforstdirektion Tirol den Aufbau des Waldbodens und dessen Bedeutung für die Waldgesellschaft. Marius Rösel, ebenfalls von der Landesforstdirektion, zeigt Methoden, um Insekten zu sammeln und zu bestimmen. Einige Meter weiter entsteht unter Anleitung der Lehrkräfte eine Reptilienburg aus Steinen, welche die Schüler aus der Drau schleppen. Schließlich wird der Waldrand mit Wildobst wie Vogelkirsche oder Wildzwetschke bepflanzt, weiter im Inneren setzen die Jugendlichen klimafitte Laubbäume.

„Bringen eigene Motivation mit“

Initiator des Workshops ist Sebastian de Jel, Waldaufseher der Gemeinden Tristach und Amlach, der zusammen mit Ressi auf die Idee kam: „Es macht mir immer Freude, mit Jugendlichen etwas zu machen. Es ist eine herausfordernde Altersklasse, aber sie bringen eine ganz eigene Motivation mit. Die jungen Leute machen sich schon Gedanken, was passiert mit dem Klima, was passiert mit meiner Welt. Und hier können sie mal anpacken“, so der gebürtige Niederländer. „Im natürlichen Wald müsste man für die Diversität nichts tun, da gibt es Totholz, alte Bäume, Biotop-Bäume und Nistmöglichkeiten. Ein natürlicher Wald hat auch von sich aus klimafitte Bäume. Im Erholungswald darf aber auch aus Sicherheitsgründen kein Totholz bleiben“, erklärt de Jel, der seit fünf Jahren mit seiner Familie in Tristach lebt, den Hintergrund. „In Amlach haben wir einen sehr schönen Wald, in dem sich wieder zwölf verschiedene Baumarten befinden. Aber er wurde menschlich überprägt über viele Jahrzehnte und Jahrhunderte. Hier sind zum Beispiel Fichten und Kiefern aufgeforstet worden, aber der Standort ruft nach Eichen, Winterlinden und trockenresistenten Arten.“

Ökosysteme erleben

„Sebastian de Jel hat uns vor einiger Zeit gefragt, ob wir Interesse an Schulprojekten haben, und wir haben an einigen wie dem Eichelhäherprojekt teilgenommen“, erzählt Renate Hölzl, Lehrerin am Gymnasium sowie Obfrau des Vereins Osttirol Natur. „Nach den Problemen mit dem Borkenkäfer wollen wir zeigen, dass Biodiversität im Wald von enormer Bedeutung ist, damit so etwas nicht noch einmal passiert.“ Auch die Lehrerin hebt die Praxiserfahrung für die Jugendlichen hervor: „Mir ist wichtig, dass sie Biologie und Ökologie nicht nur in der Theorie lernen, sondern in den Ökosystemen erleben und etwas dazu beitragen, dass die Situation im Wald besser wird. Vor allem freut es mich, was die hier für eine Gaudi haben.“

Text und Bilder: André Schmidt

Kleine Zeitung

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